Es war ein versöhnlicher Abschied für die Fans und Handballer des HC Einheit Plauen aus der Mitteldeutschen Oberliga. Die Füchse bejubelten am Samstagabend einen 28:27-Heimsieg im letzten Spiel der Saison gegen den SV „Grün-Weiß“ Wittenberg-Piesteritz.
Von Florian Wißgott
Die letzten Minuten und Sekunden der letzten Partie in der Saison in der Mitteldeutschen Oberliga gegen den SV „Grün-Weiß“ Wittenberg-Piesteritz waren für die 200 treuen Fans des HC Einheit Plauen am Samstagabend nicht an Spannung zu überbieten. Die Ausgangslage: Der Lutherstädter Kreisläufer Chris Hoffmann wirft nach 57 Minuten und 24 Sekunden das 27:25 – es schien bereits der Siegtreffer für die Gäste gewesen zu sein. Doch nur 39 Sekunden später gelingt Maximilian Krüger mit seinem fünften Tor der 26:27-Anschlusstreffer. Nur gut eine Minute später trifft Kevin Model zum 27:27. Ausgleich – und Hoffnung auf einen Punktgewinn keimt im rot-weißen Lager auf. Allerdings sind die Sachsen-Anhaltiner in Ballbesitz und nehmen 27 Sekunden vor Schluss eine letzte Auszeit. Jetzt schlägt normalerweise der Moment, indem der Siegesspielzug angesagt wird; manchmal ist es sogar eine Kombination, die über die gesamte Begegnung noch nicht angewendet wurde, damit der Gegner nicht weiß, was nun genau gespielt wird. Doch Schlussmann Dominik Balin hält den Ball und damit mindestens einen Zähler mit den Füßen. Der auf Linksaußen spielende Kevin Model startet, Balin nimmt sich schnell das harzige Leder und nimmt sich einen Pass, den nicht alle Torhüter in dieser Situation bei diesem Spielstand spielen. Es ist ein langer, bogenförmiger Pass auf Model, der ihn knapp vor seinem Gegenspieler fängt und noch kurz in Richtung Wittenberger Tor prellt. Dann nimmt sich der 28-Jährige seinen Wurf, der für grenzenlosen Jubel sieben Sekunden später sorgt. Denn es war der 28:27-Siegtreffer, da der Versuch vom Gäste-Torwart, den Ball schnell zum Anwurfkreis zu werfen, zwar gelingt, aber kein Spieler mehr in den letzten Sekunden spielen wollte. So gab es nach dem Schlusspfiff kein Halten mehr, alle Spieler sowie Verantwortliche sprangen von der Bank auf, bildeten eine überschwängliche Jubeltraube, hüpften vor Freude über den Erfolg im Kreis und Physiotherapeut Christian Ulbricht versuchte, Siegtorschützen Kevin Model in die Luft zu heben. Und die Zuschauer? Die dürften sich gedacht haben, dass sie ihre Jungs gerne öfter so jubeln gesehen hätten. Schon der Beginn des Aufeinandertreffens ließ ein kleines Fünkchen eines positiven Abschlusses erklimmen, denn die Spitzenstädter führten schnell mit zwei Toren (3:1) und konnten diesen kleinen Vorsprung bis zum 7:5 halten. „Die Mannschaft war sehr gut auf den Gegner eingestellt, hat das umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten und hat vor allem ihre Würfe im gegnerischen Gehäuse untergebracht“, analysiert Einheit-Trainer Jan Richter. So entwickelte sich eine wie erwartet knappe sowie enge Partie über ein 8:8 und 10:8 in der 19. Minute. Doch dann riss wieder der Spielfaden und das schnelle sowie sichere Kombinationsspiel fand bei den Hausherren nicht mehr statt, was darin gipfelte, dass mehrere Rückraumspieler beim Prellen den Ball verloren. „Wir haben wieder unsere üblichen Fehler gemacht, hatten zu einfache Ballverluste, weil alle aufgeregt waren und den Kopf nicht frei hatten“, erklärt der Übungsleiter. So konnten sich die Lutherstädter bis zur 38. Minute beim Stand von 15:20 einen Fünf-Tore-Vorsprung erspielen und große Ernüchterung machte sich breit. Es drohte wieder eine für Einheit typische Begegnung zu werden, in der sie eigentlich gut spielen und am Ende doch wieder an sich selbst durch einfachste Fehler scheitern. Doch Jan Richter glaube auch in dieser schwierigen Phase an seine Riege: „Ich weiß, was meine Mannschaft kann und ich war mir sicher, dass wir nur eine gute Aktion brauchen, um den Glauben an den Sieg wieder herzustellen“. Das gelang den Plauenern mit einem gelungenen Spielzug im Angriff sowie einem gehaltenen Ball in der Abwehr und es schien, als seien die Füchse nun gefestigt genug, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. So leitete der erfolgreichste Werfer David Zbiral mit seinem 16:20 nicht nur eine Aufholjagd ein, sondern die Sachsen-Anhaltiner schwächten sich mit einer roten Karte, nachdem Tom-Eric Schepputt laut Schiedsrichterbericht David Zbiral „mit hoher Intensität“ mit seiner Hand im Gesicht traf. Auch eine Auszeit der Gäste in der 43. Minute beim Stand von 18:20 konnte an Einheits 5:0-Lauf nichts ändern und so erzielte Jan Kacin zur Mitte der zweiten Halbzeit den umjubelten 20:20-Ausgleich. „Dieser Zwischenspurt gelang uns dank der Geschwindigkeit in den Offensivbemühungen und der sehr guten Abwehrarbeit mit einer starken Torhüterleistung“, weiß Richter. Als Wittenberg in Überzahl wenig später auf 22:24 per Siebenmeter stellte und Schlussmann Dominik Balin bei eigener Überzahl zum erneuten Ausgleich beim 24:24 ins leere Tor traf, da waren die Rot-Weißen in der Lage, selbst in Führung zu gehen. „In dieser Situation hatten wir wieder etwas zu verlieren gehabt, denn wir hatten das Spiel gedreht und keiner wollte mehr die Verantwortung beim Abschluss übernehmen“, erläutert der Einheit-Trainer die fast sechs minütige torlose Zeit. Da sich die Lutherstädter jedoch nicht spielentscheidend absetzen konnten, war noch alles offen für diese nervenaufreibende Schlussphase. „Die Mannschaft hat Charakter gezeigt und konnte das Spiel nach einer sehr schwierigen Phase noch für sich entscheiden“, so ein stolzer Jan Richter: „Am Ende waren wir vielleicht die ein Wenig glücklichere Mannschaft, aber die Auswahl konnte endlich das umsetzen, was uns in den letzten Partien gefehlt hatte“. Vor allem in der vorherigen Begegnung hatte die Wurfeffektivität und der absolute Wille, das Aufeinandertreffen gewinnen zu wollen, gefehlt, doch all diese Siegereigenschaften zeigte diesmal das Aufgebot. „Das war top“, freut sich Richter und beschreibt die letzten Sekunden: „Mit der genommenen Gast-Auszeit war klar, dass wir keinen Ball mehr bekommen sollen und sie den Angriff zu Ende spielen, weshalb die übereilte Entscheidung, abzuschließen sowie die Balin-Parade uns ermöglichte, doch noch einen Konter zu fahren, um das Spiel zu gewinnen“. Der Übungsleiter hatte in dieser Auszeit seiner Riege ganz klar gesagt, „dass wir im Falle eines Ballgewinns sofort nach vorn spielen und auf Sieg gehen“ – es sollte sich zur überschwänglichen Freude der Rot-Weißen bewahrheiten und dieser ganz besondere Sieg der kürzlich nach schwerer Krankheit verstorbenen Martina Ott gewidmet werden, der die Einheit-Familie vor Anpfiff mit einer Schweigeminute gedachte. (flow)
 
HC Einheit Plauen: Balin (1), Pour, Reinhardt – Kveton (2), Model (4), Gemeinhardt, Mehler, Krüger (5/2), Fort, Zverina (1), Roth (1), Kacin (4), Mandaus, Zbiral (8/1), Pecek, Sira (2); Trainer Jan Richter, Co-Trainer Heiko Schuster, Mannschaftsverantwortlicher Bernd Grimm, Physio Christian Ulbricht
 
SV Grün-Weiß Wittenberg-Piesteritz: Top-Rasmussen, Pavlicek (8), Luge, Hernig (4), Hoffmann (4), Mademann, Beyer (2), Schöne (5/4), Köckeritz, Elias, Ivankovic (4), Schepputt; Mannschaftsverantwortlicher Mathias Held, Trainer Armands Uscins, Co-Trainer Ronny Picker, Physio Karlo Buntic
 
Verwarnungen: 2 für HC Einheit Plauen, 2 für SV Grün-Weiß Wittenberg-Piesteritz
Zeitstrafen: 4 für HC Einheit Plauen, 3 für SV Grün-Weiß Wittenberg-Piesteritz
Disqualifikationen: 1 für SV Grün-Weiß Wittenberg-Piesteritz (ohne Bericht)
Zuschauer: 200